Im März 2022 floh die Journalistin Maryna Kryvinchuk aus der Ukraine nach Österreich. Seit August betreut sie das Radio-Projekt von und mit ukrainischen Geflüchteten “Voice of Peace – Голос миру“ bei FREIRAD.
Am 24. Februar 2022 begann die von Russlands Präsidenten Vladimir Putin befohlene Invasion auf die Ukraine, in deren Osten bereits seit 2014 der Krieg tobt. Infolge dessen mussten viele Ukrainer*innen ihr Land verlassen und in unbekannte Gegenden fliehen, um sich in Sicherheit zu bringen. Sie verließen ihre Häuser, ihre Freund*innen, ihre Familien, ohne zu wissen, wann und ob sie wieder zurückkehren können.
FREIRAD erzählt ihre Geschichten. Wie sind sie geflohen? Was waren ihre Gedanken und Gefühle? Wie geht es ihnen jetzt? Und wie können wir als Individuen zu einer friedlichen und gewaltfreien Zukunft beitragen?
FREIRAD gibt Geflüchteten aus der Ukraine eine Stimme und zeigt, wie es den betroffenen Menschen geht, um an die Alternativlosigkeit von Frieden zu erinnern.
24 лютого 2022 року Президент Росії Владімір Путін віддав наказ про вторгнення в Україну, Східні території якої були окуповані ще з 2014 року. З цієї причини багато українців були змушені покинути свою країну і втікти в невідомому напрямку, аби зберегти своє життя. Вони мали покинути свої домівки, друзів, родини, не знаючи коли вони повернуться і чи повернуться назад взагалі.
FREIRAD хоче поділитися їхніми історіями. Як вони втікли? Що вони відчували тоді? Як вони почуваються зараз? І як ми можемо зробити свій внесок у мирне та ненасильницьке майбутнє?
Завдяки цьому проекту FREIRAD дає змогу висловитися українським біженцям, аби показати, що відчувають люди, які постраждали від цієї війни, і нагадати всім нам про важливість миру.
Im März 2022 floh die TV-Redakteurin und Übersetzerin Maryna Kryvinchuk aus der Ukraine nach Österreich. Seit August betreut sie das Projekt “Voice of Peace – Голос миру“ bei FREIRAD. Juliana Raich vom FREIRAD-Team hat mit ihr über ihre Flucht, das Ankommen in Österreich und die Auswirkungen des Krieges auf die ukrainische Medienlandschaft gesprochen.
Juliana: Wann hast du beschlossen, zu flüchten?
Maryna: Am 6. März. Ich hatte seit vier Tagen das Haus in Kiew nicht verlassen. Ich saß mit meiner Oma in der Küche und wir hörten schreckliche Geräusche von draußen. Wir fanden dann heraus, dass das Militär nur zehn Kilometer von unserem Haus entfernt war. Wir haben unsere wertvollsten Sachen genommen und sind geflohen.
J: Wie ist deine Flucht verlaufen, war es kompliziert nach Österreich zu kommen?
M: Ich flüchtete mit meiner Mutter von Kiew in die West-Ukraine. Dort waren wir in einer Unterkunft ohne Warmwasser untergebracht. Die Wände waren sehr dünn und ich hörte ständig die Sirenen heulen. Es war beängstigend, vor allem nachts, weil es uns nicht erlaubt war, das Licht anzumachen, damit niemand die Unterkunft entdecken würde. Gemeinsam mit der Familie meiner Tante fuhren wir dann in einem gemieteten Wohnwagen nach Ungarn und weiter nach Österreich. Unser Weg von Kiew nach Österreich dauerte insgesamt sechs Tage.
J: Wie war es für dich in einem neuen Land Fuß fassen zu müssen, während zuhause Krieg herrscht?
M: Es hat mich wirklich fertig gemacht. Ich kannte niemanden. Zu Beginn war es nicht einfach, so viel Zeit nur mit meiner Familie zu verbringen. Die Männer meiner Familie waren immer noch in der Ukraine, genauso wie die Älteren und unsere Haustiere. Mein Vater hat uns Bilder geschickt von einem brennenden Haus in unserer Nachbarschaft. Wir alle weinten und vermissten unser vorheriges Leben sehr. Jedes Mal, wenn etwas zu Boden fiel, erschrak ich und bekam Angst.
J: Wie geht es dir momentan?
M: Alle Ukrainer*innen haben die Illusion, wieder zurückzugehen. Eigentlich wollen wir zurück in unser vorheriges Leben, das aber nicht mehr existiert. Ich versuche in dieser neuen Realität zu leben und teile meine Erfahrungen mit meinen österreichischen Kolleg*innen. Die Menschen hier sind wirklich nett und ich danke ihnen sehr dafür.
J: Wie war dein beruflicher Alltag vor dem Krieg und was hat sich danach verändert?
M: Kurz vor dem Krieg arbeitete ich als Nachrichten-Analystin. Das heißt, ich habe mich damit beschäftigt, wie die politische Lage der Ukraine in ausländischen Medien dargestellt und wahrgenommen wurde. Am 24. Februar verlor ich dann meinen Job und mein regelmäßiges Einkommen. Das war auch der Tag, an dem sich die ganze ukrainische Medienbranche veränderte.
J: Was ist da genau passiert?
M: Viele TV-Kanäle taten sich zusammen und sendeten nur noch Nachrichten. Journalist*innen halfen einander, die Menschen gemeinsam zu informieren. Viele nutzten ihre Bekanntheit, um Informationen inner- und außerhalb der Ukraine zu verbreiten. Einige wurden zu Kriegs-Reporter*innen. Ausländische Kolleg*innen haben uns ebenfalls unterstützt. Ich gab zum Beispiel ein Interview für einen norwegischen TV-Sender und habe von meiner Lage erzählt.
J: Es war wahrscheinlich trotzdem für Bürger*innen nicht immer einfach, an Informationen zu kommen. Wurden wichtige Medien-Infrastrukturen zerstört?
M: Ja, zum Beispiel gab es eine Explosion bei einer Fernsehstation. Wenn durch so etwas der Zugang zu Nachrichten eingeschränkt war, hatten wir immer noch eine App. Darin können wir unseren Pass, unsere Impfzertifikate etc. speichern. Es wurde dann noch die Option hinzugefügt, über die App ukrainische Nachrichten zu verfolgen.
J: Hast du das Gefühl, ukrainische Journalist*innen kommen in internationalen Medien ausreichend zu Wort und können über die Situation im Land berichten?
M: Alle, die Social Media benutzten, wurden auf einmal zu “Journalist*innen”, weil sie dokumentierten, was um sie herum passierte und es direkt mit der Welt teilen konnten. So ist jede*r auch irgendwie international präsent. Aber ehrlich gesagt, habe ich aufgehört, ukrainische Nachrichten zu verfolgen, weil sie zu positiv sind. Es gibt nämlich von der Regierung die Richtlinie, die Menschen nicht zu sehr zu deprimieren, damit sie nicht die Hoffnung verlieren.
J: Wenn man sich über die Lage in der Ukraine informieren will, welche Medien würdest du empfehlen?
M: Natürlich die weltbekannten großen Zeitungen, wie die New York Times oder La Repubblica, sowie ein paar informative Chat-Kanäle. Es gibt auch einen ukrainischen Reise-Journalisten, Dmytro Komarov. Jetzt aber filmt er nur die durch den Krieg zerstörten Städte und Orte in der Ukraine. Er stellt die Bilder und Videos in den sozialen Medien online. Manche der Bilder sind schrecklich und schwer zu ertragen, aber das ist jetzt die ukrainische Realität.
Voice of Peace – Голос миру олос миру – Голос миру
Sendestart: 06. Oktober 2022
Sendezeiten auf FREIRAD:
1. und 3. Donnerstag (ab 6.10.) im Monat um 17 Uhr auf Englisch
Wdh.: 2. und 4. Samstag im Monat um 11 Uhr
2. und 4. Mittwoch im Monat um 17 Uhr (ab 12.10.) auf Ukrainisch/Russisch
Wdh: 1. und 3. Samstag im Monat um 11 Uhr
Das Freie Radio in Graz, Radio Helsinki, übernimmt Voice of Peace zu folgenden Sendezeiten:
Von 7.2. bis 2.5.2023, jeden Dienstag von 11 bis 12 Uhr