Förderung von Kommunikationsprozessen nach Kulturveranstaltungen
In globalisierten Zeiten wird der öffenliche Raum mehr und mehr eingeschränkt. Er wird zunehmend privatisiert, was bedeutet, er ist nicht mehr allen zugänglich sondern nur jenen denen es ausdrücklich erlaubt ist. Als Beispiel kann das Einkaufszentrum gelten. Aufenthaltrecht haben jene, die kosumieren, jene die sich bedienen lassen. Die Entscheidung über die Nutzung liegt bei den EigentümerInnen.
Auch der Kulturbetrieb hat mit diesem Grundproblem zu kämpfen: Er funktioniert nur in eine Richtung. Meist wird ein zentral gesteuertes Programm von wenigen AkteurInnen an ein Publikum geliefert. So wird ein wechselseitiger Austausch zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen verhindert, und Kommunikation wird regelrecht verboten. Für die EmpfängerInnen besteht keine Möglichkeit einer Antwort, sie werden und bleiben isoliert, was zur Folge hat, dass das Publikum nicht mehr agiert, sondern dazu gezwungen ist, sich bedienen zu lassen. In diesem Sinne wirkt Kultur entpolitisierend, da sie Auseinandersetzung und Diskurse den Notwendigkeiten des Marktes anheimfallen lässt.
Natürlich sind Kulturinitiativen auch durch die öffentlichen Subventionspraxen gezwungen, immer mehr den Neoliberalismus zu bedienen. Obwohl vor allem in der Freien Szene oft Gegenteiliges versucht wird, muss das Streben aus der Situation der KünstlerInnen und des Kulturbetriebes, der sie umgibt, sich immer mehr an AbnehmerInnen richten und sich zu diesem Zweck an sie anpassen. Adorno beschreibt das als Kulturindustrie – Kultur wird von einem Wert, der in sich selbst gesucht wird zu einem Wert, der sich daraus ergibt, wie häufig er getauscht wird. Was bleibt ist ein Publikum, das in eine passive Rolle gedrängt wird und ein Kulturbetrieb, der immer weniger das ist, woraus wir unsere Kritik speisen können, sondern zum Event wird, einem Freizeitvergnügen, das in dieser regenerativen Phase möglichst wenig Energie in Anspruch nehmen soll. Kultur wird so intransitiv, sie produziert Nicht-Kommunikation, es findet kein wechselseitiger Austausch zwischen AkteurInnen und Publikum statt, das Publikum wird in die KonsumentInnenrolle gezwungen, bei der es anstatt um die Inhalte mehr um ein Dabeisein und Bescheidwissen geht, die AkteurInnen in die Rolle der ProduzentInnen, die zu lieferen haben, was verlangt wird.
So wird nicht nur das Publikum entpolitisiert, sondern auch die KulturveranstalterInnen selbst.
Bei Medien wirkt sich die Trias Sender-Botschaft-Empfänger noch viel stärker aus. Freie Radios nehmen für sich in Anspruch dem durch den Offenen Zugang etwas entgegen zu setzen. Die HörerInnen selbst werden zu ProduzentInnen, es wird wieder eine Antwortmöglichkleit hergestellt. Als alternative KulturträgerInnen transportieren und fördern Freie Radios politische und demokratische Partizipation. Freie Radios machen die Trias Sender-Botschaft-Empfänger in beide Richtung durchlässig und öffenen so völlig neue Räume für wechselseitigen Austausch, für Gespräche, Debatten und Dispute.
Diese Herangehensweise wirft die Frage auf, warum so wenige Kulturinitiativen FREIRAD nutzen. Das ist natürlich zu einem größen Teil mit der Ressourcenfrage zu beantworten. Die Gestaltung von Radiosendungen und die bei FREIRAD darin explizit enthaltene Möglichkeit so mit seinem Publikum in einen Dialog zu treten, erfordert Zeit, die mit so knappen Ressourcen wie sie die meisten Kulturprojekte und Initiativen haben, schwer zu finden ist.
Andererseits fragen Kulturinitiativen genau nach der Logik der Kulturindustrie vorrangig nach dem Nutzen, den ein Engagement bei FREIRAD für die Bekanntheit der Initiative abwirft, nach den Möglichkeiten von Publikumsmaximierung, nach dem Werbeeffekt. Es wird also nach HörerInnenzahlen geschielt und nicht nach dem, was die Auseinandersetzung mit dem Medium Radio an Inhaltlichem für die MacherInnen leisten könnte. Das öffentliche „In-Beziehung-treten“ mit dem Publikum, und so der Versuch die gegenseitige Isolation zu überwinden, Diskursräume zu öffenen, schlicht die kultur- und gesellschaftspolitische Dimension tritt in den Hintergrund.
In dem Projekt sollen diese Problematiken angegangen werden.
Zum Ersten soll das Publikum wieder in einen Diskussionsprozess über die Inhalte des Gesehenen und Gehörten eingebunden werden. Von März bis November soll insgesamt 10 mal nach verschiedenen Kulturveranstaltungen der Freien Szene im Ausgangsbereich ein Live Studio sowohl für Publikum als auch für die AkteurInnen bereitstehen. Alle können Teil dieses öffentlichen Raumes werden und in einen Diskussionsprozess treten. ProgrammmacherInnen von FREIRAD treffen mit dem Publikum und den KünstlerInnen der Veranstaltung zusammen, experimentieren mit dem Medium, wechseln laufend ihre Rollen und diskutieren über das eben Gesehene/Gehörte. Es soll eine wechselseitige Antwortmöglichkeit hergestellt, ein Kommunikationsprozess eröffnet werden. Was stattfinden soll ist eine kulturelle Demokratisierung, die einen politischen Diskurs wieder fördert und gleichzeitig vervielfältigt. Es entstehen Räume der Artikulation, in denen alle für sich selbst sprechen, anstatt repräsentiert zu werden.
Es sollen Antwortmöglichkeiten und damit auch Räume für Partizipation und Diskussion geöffent werden. Diese Antwortmöglichkeiten sollen sich nicht in persönlichen Befindlichkeiten erschöpfen, sondern dahin gehen, dass inhaltlich
über den Abend reflektiert wird. Das Publikum soll so aus seiner passiven Rolle als KonsumentInnen herausgeführt und zu einem aktiven und wechselseitigem Austausch mit den ProduzentInnen animiert werden.
Zum Zweiten sollen mit dem Projekt Kulturinitiativen ermutigt werden darauf zu achten, was für Möglichkeiten sich für sie bei einem Engagement bei FREIRAD auftun. Um dies zu erleichtern, wollen wir konkrete Anlässe bereitstellen, um sich mit dem Medium Freies Radio auseinanderzusetzen, und so die Bestrebungen mit dem Publikum in Kontakt zu treten unterstützen. Durch die Beschäftigung mit dem Medium Radio und dem Diskussionsprozess, der dadurch entsteht, dass das Publikum die Möglichkeit hat, die Moderation zu übernehmen, können sich neue Inhalte etablieren, es können neue Ausdrucksformen gefunden und getestet werden. FREIRAD soll so als mediale Spielstätte genutzt werden, in der eine Wiederherstellung der Antwortmöglichkeiten des Publikums angestrebt werden kann. Das Projekt soll weiters dazu beitragen, dass durch die Auseinadersetzung mit den Möglichkeiten Freier Radios ein Selbstverständnis entsteht, das aktive Medienarbeit als Teil der künstlerischen, kulturellen, sozialen und (kultur-)politischen Aktivität versteht.
Mögliche KooperationspartnerInnen sind VeranstalterInnen der Freien Szene, wie Kulturgasthaus Bierstindl, Kulturlabor Stromboli, Wäscheri P, freie Theatergruppen usw.
30.01.2007 Theologie, Innsbruck
16.05.2007 Universität Innsbruck
08.06.2007 Leo Kino
09.06.2007 Leo Kino
14.06.2007 Leo Kino
14.09.2007 Wäscherei P, Hall
22.09.2007 Kulturverein Inzing
20.10.2007 Stromboli Hall
07.11.2007 Stromboli Hall
21.11.2007 Frauen Lesben Zentrum Innsbruck
03.12.2007 PolitFilm Festival
13.12.2007 Bierstindl