„Leben in der Blase? Impulse für eine Gesprächskultur in Zeiten zunehmender Polarisierung““ war der Titel der 12. Tiroler Integrationsenquete am 29. September 2022 im Tiroler Landhaus in Innsbruck. FREIRAD hat alle Vorträge aufgenommen und strahlt sie an drei Terminen im Dezember aus.
Debatten in unserer Gesellschaft, seien es politische oder private, bewegen sich sehr oft in Extrembereichen, im Entweder – Oder. Zuletzt hat uns die Corona-Pandemie vor Augen geführt, wie schwer es ist, konstruktiv mit Menschen zu reden, deren Meinung oder Haltung sich grundsätzlich von unserer eigenen unterscheidet. Wann haben Sie z.B. eine ernsthafte Impfdebatte mit Andersdenkenden geführt, die Sie nicht ratlos und frustriert zurückgelassen hat?
Was in Diskussionen oft fehlt, ist eine gemeinsame Basis, „die Mitte“, die uns ein gegenseitiges Verstehen und Akzeptieren, ja sogar gute Übereinkünfte ermöglicht. Ein Bewusstsein für das Positive an Meinungsvielfalt kommt uns zunehmend abhanden. Die Unzufriedenheit mit dieser Gesprächs(Un)kultur führt dazu, dass wir solche potenziell konfliktbehafteten Gespräche vermeiden und uns lieber „in der eigenen Blase“ bewegen, in der weitgehend Übereinkunft über wesentliche Werte und Lebenseinstellungen herrscht.
Was heißt das aber für das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft, in der wir neben dem Recht auf Individualität auch eine Einigung auf wesentliche gemeinsame Werte brauchen? Was heißt das für das Funktionieren unserer Demokratie, die auf die konstruktive Auseinandersetzung von Positionen und Meinungen angewiesen ist? Was hat zu dieser Situation geführt und was braucht es, damit wir wieder miteinander ins Gespräch kommen – über Bildungs-, Haltungs-, kulturelle, politische und andere Unterschiede hinweg? Wie können wir vermeiden, bei Diskussionen in Extrempositionen zu landen bzw. wie kommen wir da wieder raus? Und wie begründen wir letztlich Grenzen der Toleranz, die weitere Gespräche sinnlos erscheinen lassen?
Mit der 12. Tiroler Integrationsenquete wollen wir Impulse zu diesen Fragestellungen geben, zum Nachdenken anregen und auch den Raum zum Miteinander Reden bieten.
Di, 27.12. 14:00 – 16:00 Uhr
Magdalena El Abdaoui– Haus der Begegnung der Diözese Innsbruck
Johann Gstir – Land Tirol, Abt. Gesellschaft und Arbeit, Bereich Integration
Nicola Köfler– Stadt Innsbruck, MA III – Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration
Grußworte
Stadträtin Elisabeth Mayr
Landesrätin Gabriele Fischer
Moderation der Veranstaltung
Oscar Thomas Olalde
… es kann noch schlechter sein. Was Paul Watzlawick so treffend festhielt, hat sich uns umso deutlicher im Lauf der Coronapandemie und nun im Ukraine-Krieg gezeigt: Es gibt nicht nur ein „Entweder-Oder“. Der Vortrag möchte philosophische Positionen und Ansätze jenseits dieser Einordnung vorstellen, die uns helfen könnten, mit Komplexität besser umzugehen und unsere „Blasen“ öfter zu verlassen.
Lisz Hirn studierte Geisteswissenschaften und Gesang in Graz, Paris, Wien und Kathmandu. Sie ist als Philosophin, Publizistin & Dozentin in der Jugend- und Erwachsenenbildung tätig sowie als freiberufliche Künstlerin an internationalen Kunstprojekten und Ausstellungen beteiligt. Podcast: Philosophieren mit Hirn
Do, 29.12., 14:00 – 16:00 Uhr
Tiefe Risse durchziehen Österreich, Deutschland, viele Länder Europas und der Welt. Grabenkämpfe zwischen Links und Rechts, Arm und Reich, zwischen den Geschlechtern oder Jung und Alt. Die Polarisierung der Gesellschaften schreitet unaufhaltsam voran – scheinbar unaufhaltsam. Denn es gibt Beispiele für Orte, an denen die Spaltung überwunden wurde. Für Gesellschaften, die wieder zusammenfanden. Wie ist das gelungen?
Bastian Berbner ist Journalist und lebt in Hamburg. Er schreibt als Redakteur für das Dossier der Wochenzeitung „Die Zeit“. Seine Reportagen haben ihn auf alle Kontinente geführt, am häufigsten aber in die USA, wo er seit Jahren verfolgt, wie sich das Land immer weiter spaltet. Vor drei Jahren veröffentlichte er das Buch „180 Grad – Geschichten gegen den Hass“ und einen dazugehörigen Podcast. Darin beschreibt er, wie sich Spaltung und Polarisierung überwinden lassen. Seine Arbeiten wurden mit Deutschlands wichtigsten Journalistenpreisen ausgezeichnet.
Oscar Thomas Olalde – Moderation
Sa, 31.12., 14:00 – 16:00 Uhr
Ist die Meinungsfreiheit gefährdet? Darf man tatsächlich nicht mehr sagen, was man denkt? Man mag hier und da den Eindruck haben. Oft ist dieser aber Folge von Unwissenheit – nämlich nicht zu wissen, was Meinungsfreiheit bedeutet. Hin und wieder jedoch ist das Recht, seine Meinung frei zu äußern, tatsächlich in Gefahr. Ich möchte in meinem Vortrag erörtern, wie es um die Meinungsfreiheit wirklich steht.
Hasnain Kazim ist Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer. Er wuchs im norddeutschen Dorf Hollern-Twielenfleth und in der pakistanischen Metropole Karatschi auf, hat Politikwissenschaften studiert, war Marineoffizier und viele Jahre Auslandskorrespondent des SPIEGEL. Er ist Autor und Schriftsteller und lebt in Wien.
Oscar Thomas Olalde – Moderation
Die Integrationsenquete ist eine gemeinsame Veranstaltung von: · Land Tirol, Abt. Gesellschaft und Arbeit
· Stadt Innsbruck, MA III – Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration · Haus der Begegnung der Diözese
Innsbruck · Tiroler Integrationsforum
Audiodokumentation
Di, 27.12., 14 Uhr
Begrüßung und Einführung
Das Gegenteil von schlecht muss nicht gut sein – … – Lisz Hirn
Do, 29.12., 14 Uhr
Wir haben mehr gemeinsam als wir denken –
Bastian Berbner
Sa, 31.12., 14 Uhr
Was ist Meinungsfreiheit? – Hasnain Kazim
Aufnahme, Bearbeitung und Moderation:
Bettina Lutz, Miriam Tiefenbrunner, Serena Obkircher, Eva-Maria Sonderegger, Juliana Raich, Freies Radio Innsbruck FREIRAD
Sendung verpasst?
Alle Vorträge gibt es nach Erstausstrahlung zum Nachhören. Hier die 12. Integrationsenquete „Leben in der Blase?“ 2022 in der Radiothek und im Cultural Broadcasting Archive.