Freies Radio im ländlichen Raum
Auch am Anfang des 21. Jahrhunderts ist Radio jenes Medium, das die meisten Menschen erreicht. Laut dem österreichischen Kommunikationsbericht 2006 hören über 80% der Bevölkerung täglich Radio. Radio ist Information, Musik und Unterhaltung. Die Tiroler Medienlandschaft ist von einer beinahe einzigartigen Medienkonzentration geprägt. Im Printbereich weitet sich die Vormachtstellung eines einzigen Mediums immer weiter aus und greift auch immer mehr auf den privaten Radiosektor über. Dies hat zur Folge, dass es kaum noch alternative Berichterstattung gibt und dass ganze Bevölkerungsgruppen medial nicht mehr vertreten sind. Viele Meinungen, Ideen und Wünsche werden gar nicht mehr gehört. Dies trifft im Besonderen auch auf KulturveranstalterInnen zu, die mit immer mehr Widerständen zu kämpfen haben, mit ihren Themen in Medien vertreten zu sein, denn gesendet wird nur noch was angepasst ist und den gängigen Moden entspricht, damit sich Werbezeiten gut verkaufen lassen.
Freie Radios, wie FREIRAD 105.9, gehorchen nicht den Regeln des Marktes. Sie sind ein zeitgemäßes Instrument zur Verbreitung von Belangen von BürgerInnen, Vereinen, Gruppen und Initiativen und bieten diesen die Möglichkeit eigene Sendungen zu gestalten – die HörerInnen werden selbst zu RadiomacherInnen. Als alternative Kulturträger transportieren und fördern Freie Radios kulturelle Identität, politische und demokratische Partizipation, sowie Integration. Freies Radio fördert Kommunikation und Diskussion im lokalen und regionalen Raum und lässt demokratische Prozesse öffentlich stattfinden. Es dient als Sprachrohr für in den Medien bislang unterrepräsentierte Gruppen und fördert die Meinungsvielfalt.
Zur Zeit ist Oberösterreich das einzige Bundesland in dem es sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum Freie Radios gibt. Die dortigen Erfahrungen zeigen sehr deutlich, dass dadurch ein reger Austausch zwischen Kulturschaffenden aus den verschiedensten Regionen zustande kommt. Es werden gemeinsam Projekte entwickelt und koordiniert, Sendungen gegenseitig übernommen und in vielen Bereichen wird zusammengearbeitet.
Durch das Projekt “Aufbruch in den Äther” des Freien Radio Innsbruck FREIRAD 105.9 sollen in ländlichen Regionen Tirols Menschen, Vereine und Initiativen dazu animiert werden RadioaktivistInnen zu werden und die Gründung von Freien Radios mit Vollbetrieb anzustreben. Dies ist natürlich ein langfristiges Ziel, das im Projektzeitraum durch mehrere Aktivitäten eingeleitet werden soll.
In einem ersten Schritt wird FREIRAD 105.9 seine Studios in Innsbruck verlassen und im Rahmen einer Sendereihe ländliche Kulturinitiativen vorstellen. Durch die Gestaltung der Sendungen vor Ort und die Direktübertragung nach Innsbruck werden einerseits der Innsbrucker ZuhörerInnenschaft Kulturinitiativen und Projekte außerhalb der Landeshauptstadt nähergebracht und gleichzeitig werden für die TeilnehmerInnen die Möglichkeiten, die Freies Radio bietet, erfahrbar.
Die Tatsache, dass FREIRAD 105.9 nur in Innsbruck gehört werden kann, die Sendungen also am Veranstaltungsort nicht, oder nur per Internet live stream empfangen werden können, verdeutlicht nochmals die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit von ländlichen und städtischen Kulturinitiativen.
Im Rahmen der Sendereihe werden wir besonderes Augenmerk auf Kulturvereine mit migrantem Hintergrund legen, die in vielen Regionen Tirols zwar existieren, in der Öffentlichkeit aber wenig bis gar nicht wahrgenommen werden.
Im weiteren Verlauf wird FREIRAD 105.9 in Zusammenarbeit mit Kulturinitiativen Informationsveranstaltungen über Freies Radio organisieren.
Angedacht sind dabei Diskussionsveranstaltungen zur Medienkonzentration in Tirol mit besonderer Berücksichtigung der Situation in den jeweiligen Regionen. Dadurch sollen Menschen für die mediale Situation sensibilisiert und Anregungen gegeben werden, der Medienkonzentration und deren ausschließendem Charakter etwas entgegenzusetzen. Die Möglichkeit und der Weg Freie Radios zu gründen werden vorgestellt und langfristig auch in allen Fragen begleitet.
Im Projektzeitraum werden dann in einem dritten Schritt in den jeweiligen Regionen Radioschnupperkurse abgehalten. In diesen werden Gestaltungsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Radio, Sendungskonzeption, Sendungsabwicklung (Studiotechnik), Interviewtechniken, Moderation, Mikrophonieren, Aufnahmetechniken, Schnitttechniken, sowie Medienrecht gelehrt. Dabei können die TeilnehmerInnen die Möglichkeiten von Freiem Radio kennenlernen und erhalten gleichzeitig eine fundierte Ausbildung zu RadiomacherInnen. Eine Möglichkeit das Gelernte zu präsentieren wäre – neben der Ausstrahlung auf FREIRAD 105.9 – auch die Übertragung der Sendung, die im Laufe des Seminars erarbeitet wird, durch Boxen in den Öffentlichen Raum.
Die Projektteile sollen auch dazu beitragen, dass sich KulturveranstalterInnen in den jeweiligen Regionen lokal, regional aber auch national und international vernetzen. Freie Radios haben diese Strukturen bereits entwickelt und können so Hilfestellungen hierbei leisten.
Projektregionen werden ländliche Ballungsräume wie St. Johann, Kufstein, Wörgl, Telfs, Imst, Landeck und Reutte sein, um ein möglichst breites Spektrum an TeilnehmerInnen zu erreichen.
Langfristig soll der Impuls, der das Projekt ermöglicht, dazu führen, dass in den Projektregionen Radioinitiativen entstehen die auch tatsächlich Sendelizenzen erhalten und als Freie Radios in Vollbetreib gehen. Als Zwischenstationen dahin können Ereignisradiofrequenzen oder auch Internetradios angestrebt werden. Sowohl bei der Frequenzsuche, bei den Frequenzansuchen als auch beim Aufbau entsprechender Infrastrukturen wird eine enge Zusammenarbeit zwischen den Initiativen und FREIRAD 105.9 angestrebt und das langjährige Know How von FREIRAD 105.9 zur Verfügung gestellt.