In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten Synagogen und jüdische Geschäfte im Dritten Reich, in Brand gesetzt von organisierten Schlägertrupps. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Spätestens an diesem Tag konnte jeder und jede in Deutschland und Österreich sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord staatsoffiziell geworden waren. Die Reichs-pogromnacht war das offizielle Signal zum größten Völkermord in der Geschichte der Menschheit.
Im Gedenken an diese erschütternden Ereignisse wurde der 9. November zum internationalen Tag gegen Faschismus und Antisemitismus ausgerufen. FREIRAD bringt dazu einige Stunden Sonderprogramm:
08:15 bis 09:00
Kulturgespräch mit dem jungen Historiker Friedrich Stepanek
Wenn man auf die Aufarbeitung der Zeitgeschichte in Tirol blickt und sich anschaut, welch großartige Leistungen die Historiker_innen in den letzten Jahren geleistet haben, könnte man vermuten, dass die meisten spannenden Aspekte z.b. des Nationalsozialismus längst bearbeitet sind. Überraschend ist dann, wenn man auf einen jungen Historiker trifft, der binnen 2-3 Jahren zwei Bücher auf den Markt brachte, die bislang unbearbeitete Themen aufgreifen. Der junge Historiker heißt Friedrich Stepanek und ist heute zu Gast im Kulturgespräch bei Michael Haupt.
Redakteur: Michael Haupt
Sendereihe: Kulturton, FREIRAD
Erstausstrahlung: 06.08.2014
nachhören: cba.media/265915
Weiterführende Links:
Friedrich Stepanek: “Ich bekämpfte jeden Faschismus”, Lebenswege Tiroler Spanienkämpfer. Studienverlag 2010
Carmella Flöck: “… und träumte, ich wäre frei”, Eine Tirolerin im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Tyrolia 2012
Radioporträt zu Carmella Flöck: cba.media/10602
09:00 bis 10:00
Die Explosion des globalen Antisemitismus. Die Hartnäckigkeit eines Diabolischen. (I)
Daniel J. Goldhagens stellt in seiner vor einigen Monaten erschienen Abhandlung: „The Devil that never dies. The Rise und Threat of global Antisemtism“ das erneute Wachsen des Antisemtismus als eine Art Wiederkehr des Teufels dar, der seit zwei Jahrtausenden die Welt mitbestimmte. Ob man den Teufel bemühen muß, sei dahingestellt, aber seit Jahren wird neben dem nationalsozialistischen der christliche und islamische, der linke und liberale, der politische und ökonomische Antisemitismus in vielen Facetten auch im FSK diskutiert. Mit dem Erscheinen bislang unbekannter Notizen Heideggers begann eine Diskussion eines philosophischen Antisemitismus, der so neu, wie er herausgestellt wird, nicht sein kann.
Die Diskussion des letzten war weder vergeblich noch konnte sie zureichend sein. Denn antisemitisches Denken reproduziert sich mittlerweile global im politischen Tagesgeschäft übergreifend von links bis rechts, während weiterhin fast ausnahmslos niemand als Antisemit gelten möchte. – Die Hartnäckigkeit des Antisemitismus zeugt davon, daß dieser der globalen Zivilisation und ihrem zugrundeliegenden Denken nicht äußerlich sein kann, so daß selbst noch in der Kritik des Antisemitismus Antisemitismus gleichsam in einem toten Winkel der Kritik überlebt. Es wird Zeit, dort hineinzuleuchten, ohne sich von der eigenen Ohnmacht dumm machen zu lassen.
Redakteur_innen: Redaktion 3
Sendereihe: FSK (Freies Sender Kombinat), Hamburg
Produktionsdatum: 26.08.2014
nachhören: www.freie-radios.net/66222
10:00 bis 11:00
Die Explosion des globalen Antisemitismus. Die Hartnäckigkeit eines Diabolischen. (II)
Den Kapitalismus zum zureichenden Grund des Antisemitismus zu machen, als ein Mißverständnis etwa der Thesen Postones, reduziert den Antisemitismus in einer Weise auf einen Antikapitalismus der dummen Kerle, die Kritik am Kapitalismus noch zusätzlich moralisch untermauern möchte, als ob dieser selbst nicht Grund genug seiner Abschaffung wäre.
Der Kritik am Antisemitismus entgehen so genau die ideologischen Momente des Antisemitismus, die bis in „linke“ Theoriebildung hineinreichten. U.a. am Beispiel einer Schrift, die bis 1933 22 (!) Auflagen erhielt und für das Bild des NS vom Juden von außerordentlicher Bedeutung war: August Rohling „Der Talmudjude“, soll begonnen werden zu zeigen, wie im modernen Anti- semitismus und dessen neuerer Explosion ein judenhasserisches Denken bewahrt bleibt, das auf Antike und Mittelalter zurückgeht.
Redakteur_innen: Redaktion 3
Sendereihe: FSK (Freies Sender Kombinat), Hamburg
Produktionsdatum: 23.09.2014
nachhören: www.freie-radios.net/66223
11:00 bis 12:00
“Erschlagt mich, ich verrate nichts!”
Käthe Sasso, 1926 in Wien geboren, war während der Zeit des Austrofaschismus und unter den NS-Regime im politischen Widerstand aktiv. Am 30. September erzählte sie in der Spitalskirche in Innsbruck über ihr Leben, das sie dem Gedenken der „Politisch Ermordeten“ widmet.
Käthes Eltern, beide überzeugte Sozialdemokraten, setzen sich gemeinsam mit Gleichgesinnten im Untergrund zur Wehr; auch Käthe wird immer mehr Teil dieses politischen Kampfes. Der Tod ihrer Mutter und die Grausamkeiten der Nationalsozialisten lassen sie schließlich das politische Erbe ihrer Eltern antreten, und so setzt sie die Arbeit bis zur ihrer Verhaftung im Alleingang fort.
Von einem Gestapo-Spitzel denunziert, wird sie am 21. August 1942 wegen Hochverrats angeklagt und verhaftet. Mit 16 Jahren muss die junge Widerstandskämpferin die unmenschlichen Verhöre der Gestapo durchstehen und miterleben, wie viele ihrer Kameradinnen aus der Widerstandsgruppe hingerichtet werden. Nach langem Aufenthalt in verschiedenen Wiener Gefängnissen wird sie 1944 in das KZ Ravensbrück überführt, wo sie bis zum Todesmarsch nach Bergen-Belsen am 28. April 1945 verbleibt. In der ersten Nacht des Todesmarsches gelingt ihr die Flucht.
Heute lebt Käthe Sasso, inzwischen 88 Jahre alt, allein in ihrem Haus in Winzendorf und setzt sich unermüdlich für das Andenken der hingerichteten Widerstandskämfer_innen der „Gruppe 40“ auf dem Wiener Zentralfriedhof ein. Für ihr Engagement wurde sie u. a. mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet.
Redakteur: Stefan Gritsch, FREIRAD
Produktionsdatum: 30.09.2014
nachhören: cba.media/272914
Weiterführende Links:
www.lettertothestars.at
www.gerechteundzeitzeugen.at