Seit vielen Jahren werden Vorträge im Rahmen der Innsbrucker Gender Lectures aufgezeichnet, bei FREIRAD ausgestrahlt und können danach auch bequem als Podcast nachgehört werden.
Die Innsbrucker Gender Lectures verstehen sich als Diskussions- und Austauschforum, das es den Mitgliedern des Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) an der Universität Innsbruck und Genderforscher*innen aus dem In- und Ausland ermöglicht, brisante Themen in den Blick zu nehmen, unter geschlechterkritischer Perspektive zu diskutieren und sich über theoretische Grundlagen der inter- und multidisziplinären Geschlechterforschung auszutauschen.
22.5.2024, Hörsaal 5, GEIWI, Innrain 52E
Nachhören auf FREIRAD am 28.5. um 13 Uhr
„As a scholar of motherhood who occupies a distinct transnational space—an emigree from socialist Yugoslavia who has been producing feminist knowledge from within the Anglosphere for over two decades—I welcome opportunities to reflect more systematically on the respective theoretical functioning of the maternal in the context of European and Anglo-American feminist traditions. Given that the thematic focus of the current interdisciplinary lecture series explores why parenthood needs a gender, for the purpose of this lecture I have decided to organize some of these reflections into a theoretical position to suggest that: the relationship of parenting to gender corresponds to the relationship between motherhood and feminism. What I mean by this is that if we wish to understand why parenthood functions as gendered, we must look at how motherhood and the maternal experience are conceptualized and represented in different feminist traditions.“ – Tatjana Takševa
Tatjana Takševa is professor of the Saint Mary’s University, Canada.
Kommentar: Sandra Tausel, PhD Candidate & University Assistant, Department of American Studies, University of Innsbruck
Moderation: Flavia Guerrini, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck
16.4.2024, Hörsaal 7, GEIWI, Innrain 52E
Nachhören auf FREIRAD am 23.4. um 13 Uhr
LGBTQ*-Familien haben im letzten Jahrzehnt an Sichtbarkeit gewonnen, wobei das Akronym für lesbian, gay, bisexual, trans und queer steht. Auch im Recht zeichneten sich im deutschsprachigen Raum Tendenzen der Gleichstellung ab, die allerdings als ambivalent zu bewerten sind: Zwar werden Anerkennungsdefizite gleichgeschlechtlicher Lebensformen abgebaut, jedoch werden auch neue Ausschlüsse produziert. Der Vortrag zeichnet exemplarisch anhand dreier Familienkonstellationen heraus, welche Ungleichheiten im Recht fortbestehen. Gezeigt wird, wie sich diese Ungleichheiten in die familialen Alltagspraxen von zwei-Mütter-, Mehreltern- und trans*-Familien einschreiben und welchen Aufwand sie unternehmen, um „Normalität“ herzustellen. Die Familien greifen auch auf (heterosexuelle) Familiennormen zurück, verändern aber gleichzeitig die rechtlichen und gesellschaftlichen Normalvorstellungen darüber, was Elternschaft und Familie ist und sein kann. Empirische Grundlage ist eine qualitative Interviewstudie mit dreizehn vielfältigen Familien, die wir im DFG-Projekt „Ambivalente Anerkennung. Doing reproduction und doing family jenseits der heterosexuellen Normalfamilie“ (MO 3194/2-1, PE 2612/2-1, WI 2142/7-1) durchgeführt haben.
Mona Motakef ist Professorin für Soziologie der Geschlechterverhältnisse an der TU Dortmund. Zusammen mit Prof. Christine Wimbauer und Prof. Almut Peukert war sie Leiterin des DFG-Projekts „Ambivalente Anerkennung. Doing reproduction und doing family jenseits der heterosexuellen Normalfamilie“, in dem Dr. Julia Teschlade und Leoni Linek als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen beschäftigt waren. Ihre Schwerpunkte liegen in der Geschlechter- und Ungleichheitsforschung, wobei sie insbesondere zu prekärer Erwerbs- und Sorgearbeit, vielfältigen Familien und Paar- und Nahbeziehungen mittels qualitativer Methoden der Sozialforschung forscht und lehrt.
Kommentar: Paul Scheibelhofer, Institut für Erziehungswissenschaften, Universität Innsbruck
Moderation: Christine Baur LL.M., Stellvertretende Vorsitzende des Universitätsrats, Universität Innsbruck
19.3.2024, Hörsaal 1, SOWI, 18 Uhr
Nachhören auf FREIRAD am 26.3. um 13 Uhr
Trotz Gleichstellungspolitik und einer Vielfalt von Elternschafts- und Familienformen stoßen wir auf Geschlechtertheorien, die hierarchische Strukturen in den familialen Geschlechterverhältnissen unterstützen. Ein Weg, dieses Verständnis zu ändern, ist, über die unbewusste Wirkung von Geschlechtergrenzen und Stereotypen in der Psyche nachzudenken. Die Studie „Mutterschaft und Geschlechterverhältnisse“ zeigt, dass gegenderte Lesarten prominenter Entwicklungskonzepte bis in die Mitte der Gesellschaft reichen. Wir betrachten diese aus einer feministisch-psychoanalytischen Perspektive und nehmen sie geschlechterkritisch und kultursensibel in den Blick. Da auch in den Theorien selbst hierarchisch angelegte Geschlechternormen und ein latenter Männerzentrismus wirksam sind, beziehen sich Ansatzpunkte für ein Denken von geschlechterübergreifender Entwicklung auf die Herausforderung einer nicht hierarchischen Anerkennung von Differenz, respektive Mütterlichkeit, die bis heute geschlechter-hierarchisch aufgespalten an Weiblichkeit geknüpft ist.
Marion Näser-Lather, Prof. Dr. phil., Dipl.-Psych., Honorarprofessorin an der Philipps-Universität Marburg. Psychoanalytikerin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Lehranalytikerin (DGPT) und Dozentin für analytische Paar- und Familientherapie sowie Körper-Psychotherapie.
Kommentar: Monika Schamschula, MA, Doktoratskolleg Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation, Universität Innsbruck
Moderation: Marion Näser-Lather, Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie, Universität Innsbruck
9.1.2024, Hörsaal 6, GEIWI
Nachhören auf FREIRAD am 16.1. um 13 Uhr
Erst in den 1970er Jahren wurden die patriarchalen Vorrechte des Mannes im österreichischen Ehe- und Kindschaftsrecht beseitigt. Die Definition von Familie als verschiedengeschlechtliches, verheiratetes Paar mit Kindern blieb dabei unverändert. Gleichzeitig sah der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch unverheiratete Eltern und ihre Kinder vom grundrechtlichen Schutz des Rechts auf Familienleben erfasst, und seit Beginn des 21. Jh. bestätigt der EGMR dieses Recht auch für gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern.
Der Vortrag wird neben einer kurzen Darstellung dieser Entwicklungen insbesondere der Frage nachgehen, ob nunmehr alle Eltern-Kind-Verhältnisse bzw. das Rechtsinstitut Familie diskriminierungsfrei geregelt sind oder weitere Reformen notwendig wären. Wäre es juristisch nur konsequent, Elternschaft tatsächlich neu zu denken und zu fordern, dass mehr als zwei Personen rechtliche Eltern eines Kindes sein können?
Karin Neuwirth, Dr.in iur., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellvertretende Institutsvorständin am Institut für Legal Gender Studies an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).
Kommentar: Caroline Voithofer
Moderation: Monika Niedermayr
28.11.2023, Kleiner Hörsaal, Ágnes-Heller-Haus, 18:00, Innrain 52a
Nachhören auf FREIRAD am 05.12. um 13 Uhr
Feministische Perspektiven auf demografische Krisennarrative und dis/reproduktive Technologien
Zu viel Bevölkerung oder zu wenig? Wer soll Kinder bekommen und wer vom Gebären abgehalten werden? Und welche Kinder sollen geboren werden und welche lieber nicht?
Kinderkriegen ist eingebunden in mächtige Regierungsstrategien, die auf Körper und Bevölkerungen abzielen. Auch heute gibt es weiter ein malthusianisches Denken, das fast alle Krisen unserer Zeit zu Bevölkerungsproblemen umdeutet. Dies zeigt sich in einer „demografisierten“ Klimadebatte ebenso wie in repressiven globalen Verhütungsprogrammen. Der Status quo von sozialer Ungleichheit, Rassismus und globaler Zerstörung bleibt dabei unberührt. Es ist insofern wichtig, das demografische Denken zu sezieren – auch in Bezug auf deutsche Kinderwunsch-, Familien- und Migrationspolitik.
Susanne Schultz forscht zu Bevölkerungspolitik und Machtverhältnissen im Bereich der Reproduktion und der Humangenetik. Sie ist Beirätin des Gen-ethischen Netzwerks e.V. Berlin und Mitglied des Herausgeber*innenkollektives Kitchen Politics.
Ihr aktuelles Buch heißt: Die Politik des Kinderkriegens. Zur Kritik demografischer Regierungsstrategien (transcript: Bielefeld 2022).
24.10.2023, Hörsaal 1 / SOWI 18:00 Uhr, Universitätsstraße 15
Nachhören auf FREIRAD am 31.10., um 14 Uhr
Wie zwischen Biologie und Bürgerlichem Gesetzbuch die moderne Kleinfamilie entstand und das Problem der Erbschaft löste
Wenn Spermium und Eizelle sich bei der Zeugung vereinigen, geben beide ihr Erbmaterial an den Embryo weiter. Dieser seinerzeit revolutionäre biologische Befund von 1875 hatte weitreichende Folgen, nicht zuletzt für das Erb- und Familienrecht. Denn aus der Erkenntnis, dass väterliche und mütterliche Anteile an die Nachkommen weitergegeben werden, resultierten politische Fragen der Gleichberechtigung und der Verteilungsgerechtigkeit.
Solche Themen waren speziell im Deutschen Kaiserreich virulent, als zwischen 1870 und 1900 das Bürgerliche Gesetzbuch entstand. Das BGB legte die Grundlage für das Verständnis von Familie als biologischer Einheit, Wirtschaftsgemeinschaft und von geschlechtlicher Arbeitsteilung, wie sie bis in das 21. Jahrhundert hinein wirksam geblieben ist.
Bettina Bock von Wülfingen ist freiberufliche Kulturwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Geschichte der Lebenswissenschaften. Sie war 2021/2022 für ein Jahr Vertretungsprofessorin für Historische Wissenschaftsforschung an der Universität Bielefeld und im Anschluss Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie (KA/EE) der Universität Münster. Sie ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMT).
Kommentar: Flavia Guerrini, Institut für Erziehungswissenschaften, Universität Innsbruck
Moderation: Ina Friedmann, Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck
13.06.2023, Hörsaal 5/Campus Innrain, Innrain 52e
Nachhören auf FREIRAD am 20.06. um 14 Uhr
Künstliche Intelligenz (KI) als digitale Infrastruktur ruft Frage nach ihrer Produktionsweise auf. Wer stellt scheinbar unsichtbare Techniken her? Auf welchen materiellen Begebenheiten fußen sie? Wer bezahlt für ihren Einsatz?
In diesem Vortrag werden diese Fragen aus einer behinderten Perspektive nachgegangen. Behinderung, so die These, ist dabei immer die Grenze von KI, etwas was sowohl das Scheitern dieser Technologie, als auch ihre vermeintlichen Erfolge als transhumanes Artefakt symbolisiert. Einerseits ist Behinderung der Moment, den KI versucht zu überkommen, die scheinbare menschliche Schwäche, das Imperfekte, anderseits ist Behinderung innerhalb des Produktionsfeldes KI eine der lukrativsten Schnittstellen von Mensch und Technologie, wie smarte Prothesen oder verhaltensregulierende Apps für neuroqueere Menschen.
Aus dieser Ambivalenz ergeben sich sowohl Momente der Unterdrückung als auch subversives Potential. So ermöglichen Schnittstellen immer auch das Hacken dieser vorweg. Die Möglichkeit zu einer anderen Welt bildet dabei den kritischen Fluchtpunkt für Überlegungen hinsichtlich alternativer Designs und Politiken digitaler Infrastrukturen.
Katharina Klappheck ist behinderte Politikwissenschaftler*in. They beschäftigt sich mit Behinderung, Queernes und KI, sowie Design als Politik. Katharina Klappheck arbeitet hierzu unter anderem an der Technischen Universität Dresden und dem deutschen Bundestag. Momentan ist Katharina Klappheck Head of Feminist Internet Policy am Gunda Werner Institut der Heinrich Böll Stiftung.
Kommentar: Katta Spiel, Research Unit for Human Computer Interaction, Technische Universität Wien
Moderation: Lisa Pfahl, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck
09.05.2023, 18 Uhr, Hörsaal 2/SOWI, Universitätsstraße 15, Innsbruck
Nachhören auf FREIRAD am 16.05. um 14 Uhr
Der Vortrag stellt die historische Entwicklung einer „Mathematisierung der Wahrnehmung“ vor und zeigt auf, wie sich deren vermessenden und probabilistischen Logiken mittels Digitalisierung in gegenwärtige Körpernormierungen und Subjektivierungsweisen einschreiben konnten. Den Wunsch, das komplexe Gefüge von KKommeörpern, Gehirnen und Denkprozessen zu formalisieren gibt es schon seit Jahrhunderten. Durch die Implementierung einer mathematischen Logik in binäre/informatische Technologien des Digitalen und künstlicher Intelligenz, konnten epistemologische Methoden und Modelle aus der Mathematik und der Informatik Eingang in die Neurowissenschaften, die Ideen des Denkens und dem Konzept des freien Willens erhalten.
Hannah Fitsch (Dr. phil.) ist feministische Wissenschafts- und Techniksoziologin mit Schwerpunkt auf Neurowissenschaften, Digitalisierung, (Technik-)Museen, Bildwissen/ Bildpraktiken, Ästhetik und feministischer Theorie.
Zusätzlich zu ihren theoretischen Forschungsarbeiten sucht Hannah Fitsch immer auch nach anderen Ausdrucks- und Vermittlungsformaten, etwa in Museen, im Theater, als Video-, Audio- und/oder visuelle Arbeiten.
Kommentar: Denise Bergold-Caldwell, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
Moderation: Verena Sperk, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck
25.04.2023, 18 Uhr, Hörsaal 2/SOWI, Universitätsstraße 15, Innsbruck
Nachhören auf FREIRAD am 02.05. um 14 Uhr
Digitale Datentechnologien wie algorithmische Entscheidungssysteme oder Künstliche Intelligenz halten in immer mehr Bereiche der Gesellschaft Einzug und beeinflussen hier, wie und was wir wissen (können). Die damit einhergehenden Verschiebungen in der gesellschaftlichen Wissensordnung sind – so die These dieses Vortrags – nicht geschlechtsneutral. Vielmehr ist der in digitalen Datentechnologien verobjektivierte, datafizierte und datafizierende Zugriff auf die (soziale) Welt gesellschaftlich höchst voraussetzungsvoll wie folgenreich. Im Zentrum des Vortrags steht deshalb die Frage, welche Weltzugänge, Wahrheitsregime und Denkformen mit digitalen Datentechnologien verknüpft sind, wie diese die Verfahren, Subjekte und Möglichkeiten von Erkenntnis regulieren und in diesem Sinne als zugleich machtförmig wie machtvoll verstanden werden können.
Bianca Prietl ist habilitierte Soziologin und als Professorin für Geschlechterforschung mit Schwerpunkt Digitalisierung an der Universität Basel tätig.
Ihre Forschungsinteressen entfalten sich an der Schnittstelle von Frauen- und Geschlechterforschung einerseits und Wissenschafts- und Technikforschung andererseits. Rezente Forschungsthemen umfassen die akademische Institutionalisierung von Data Science und damit verbundene Verschiebungen in der gesellschaftlichen Wissensordnung, Männlichkeitskonstruktionen der Digitalen Avantgarde, Feministische Kritik an big data, algorithmischen Entscheidungssystemen und maschinellem Lernen.
Kommentar: Silvia Rief, Institut für Soziologie, Universität Innsbruck
Moderation: Flavia Guerrini, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck und Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck
28.03.2023, 18 Uhr, Hörsaal 2/SOWI, Universitätsstraße 15
Nachhören auf FREIRAD am 04.04. um 14 Uhr
„Mein Beitrag beleuchtet mittels welcher digitalen Medienstrategien rechte Akteur:innen die „Grenzen des Sagbaren“ ausweiten und sich affektiver Formen sowie Teilöffentlichkeiten bedienen. Ich greife dabei drei Strategien heraus: Diskurspiraterie und Mimikry als Aneignung von Themen und Symbolen feministischer und demokratischer Bewegungen. Als Hijacking werden die Umdeutungen durch antifeministische und rechte Akteur*innen von queer_feministischen Hashtags und Inhalten bezeichnet. Diese Strategie verdeutliche ich am Beispiel von #metoo und #120db. Die Ausweitung des Sagbaren findet insbesondere durch Abwanderung ins sogenannte „Dark Net“ statt; ein Beispiel dafür liefert die Plattform Telegram.
Diskutieren möchte ich dabei, wie wir mit der Dynamik digitaler Medien umgehen könnten, gerade in Bezug auf entsolidarisierende und exkludierende Kommunikationsformen und -foren sowie welchen Stellenwert solch dissonante Öffentlichkeiten für Fragen der Demokratiegestaltung haben.“
Ricarda Drüeke ist habilitierte Assoziierte Professorin am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg und Co-Leiterin des Programmbereichs Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion der interuniversitären Einrichtung Wissenschaft und Kunst.
Sie forscht und lehrt zu Inklusions- und Exklusionsprozessen in und durch Medien, digitalen Öffentlichkeiten (insbesondere mit einem Schwerpunkt auf Protestartikulationen und -bewegungen sowie Dynamiken der Empörung am Beispiel von Hate Speech) sowie im Bereich Gender Media Studies.
In ihrer Habilitation beschäftigte sie sich mit queer_feministischem Aktivismus mittels digitaler Medien unter Berücksichtigung der Ausdifferenzierung von Öffentlichkeiten.
Kommentar: Matthias Kettemann, Institut für Theorie und Zukunft des Rechts, Universität Innsbruck
Moderation: Judith Goetz, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck
31.01.2023, 18:00, Hörsaal 4, Campus Innrain,
Nachhören auf FREIRAD am 07.02. um 14 Uhr
Der Vortrag beleuchtet den Zusammenhang zwischen der Verbreitung digitaler Plattformen, der Transformation von Arbeit und Krisen der sozialen Reproduktion.
Im Bereich der sozialen Reproduktion kommt es seit Jahren zu vielfältigen Krisenerscheinigungen, von der Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge, Versorgungslücken, zunehmender Vermarktlichung und Privatisierung bis hin zu Überlastung und abnehmenden finanziellen und zeitlichen Ressourcen im ‘Privaten’. Diese multiplen Krisen der sozialen Reproduktion bieten Plattformunternehmen ein profitables Geschäftsfeld. Helpling, Lieferando, Care.com, Airbnb und viele weitere Plattformen stellen heutzutage Dienstleistungen aus zentralen Feldern der sozialen Reproduktion mit wenigen Klicks zur Verfügung. Ob Gesundheitsversorgung, Ernährung oder Kinderbetreuung – digitale Plattformen transformieren nicht nur Produktionsverhältnisse, sondern intervenieren auch direkt oder indirekt in die gesellschaftliche Re-Organisation sozialer Reproduktion und die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung.
Der erste Teil des Vortrags liefert eine Einführung in die zentralen Charakteristika der Plattformökonomie und skizziert, auf welche Entwicklungen im Bereich der sozialen Reproduktion Plattformen reagieren, an welche Krisen sie anknüpfen und welche Transformationsprozesse sie befördern. Im zweiten Teil des Beitrags wird dieser theoretische Zusammenhang beispielhaft anhand eines Teilbereichs der Plattformökonomie, heimbasierter digitaler Arbeit auf sogenannten Crowdwork-Plattformen, weiter ausgeführt. Abschließend wirft der Vortrag die Frage auf, inwiefern diese neue Form der Arbeit auch auf ein neues Reproduktionsregime verweist.
Mira Wallis ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin am Institut für Europäische Ethnologie und am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2018 bis 2022 arbeitete sie im DFG-geförderten Forschungsprojekt „Digitalisierung von Arbeit und Migration“. Das Projekt beschäftigte sich mit der Rolle digitaler Plattformen bei der Transformation von Arbeit, sozialer Reproduktion und Mobilität/Migration. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf ortsungebundener Plattformarbeit (sog. Crowdwork), die sie als eine neue Form digitaler Heimarbeit in Deutschland und Rumänien untersucht. Gemeinsam mit Moritz Altenried und Julia Dück gab sie 2021 den Sammelband Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion heraus.
Kommentar: Carla Ostermayer, Doktoratskolleg „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentationen“, Universität Innsbruck
Moderation: Zoe* Steinsberger, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck und Doktoratskolleg „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentation“, Universität Innsbruck
25.10.2022, 18:00, Online
This talk traces the history of women of color’s participation in online gaming forums, anti-racist social media posts, and Zoom meetings as examples of community defense. Black and Latinx female Xbox players who engage in „resistance griefing,“ to use game scholar Kishonna Gray’s formulation, Generation Z women who post video documentation of their encounters with racism and xenophobia in public places, and women of color resisting racist zoombombing share an understanding of their efforts as digital diversity work. This talk argues that women of color online were engaging in community defense models as alternatives to traditional policing and the carceral state years before the mainstream left in the U.S. deployed them as part of a populist politics.
Lisa Nakamura is the Gwendolyn Calvert Baker Collegiate Professor in the Department of American Cultures at the University of Michigan, Ann Arbor. Lisa Nakamura is a member of the DISCO (Digital Inquiry, Speculation, Collaboration, and Optimism) Network along with André Brock, Stephanie Dinkins, Rayvon Fouché, Catherine Knight Steele, and Remi Yergeau. She is also the founding Director of the Digital Studies Institute at the University of Michigan and has been writing about digital media, race, and gender since 1994. Lisa Nakamura wrote books and articles on digital bodies, race, and gender in online environments, on toxicity in video game culture, and the many reasons that Internet research needs ethnic and gender studies. In November 2019 she gave a TED NYC talk about her research called “The Internet is a Trash Fire. Here’s How to Fix It.”
Comment: Doris Allhutter, Institute of Technology Assessment, Austrian Academy of Sciences
Doris Allhutter is a senior researcher at the Institute of Technology Assessment of the Austrian Academy of Sciences. She was a Fellow at the Digital Curation Institute, University of Toronto this year, and a visiting researcher at Vassar College, New York (2019), UC Berkeley (2013) and Lancaster University, UK (2011).
She studies how computing practices are entrenched in power relations and how social inequality and ideologies of human difference co-emerge with digital infrastructures. From this perspective she has published on a book on computer-generated pornography and papers on common-sense ontologies and public sector algorithms. Her current research focuses on the automation of welfare services in Europe and related questions of social justice, equity and the transformation of social systems and the welfare state.
Moderation: Gundula Ludwig, Center Interdisciplinary Gender Studies Innsbruck, University of Innsbruck
27.06.2022, 18:00, Ort: Hörsaal 5, Campus Innrain, Innrain 52e, 6020 Innsbruck
Maria San Filippo is a 2021-22 Fulbright U.S. Scholar in the Department of American Studies at Universität Innsbruck. She is Associate Professor of Visual and Media Arts at Emerson College and Editor of New Review of Film and Television Studies. She authored the Lambda Literary Award-winning The B Word: Bisexuality in Contemporary Film and Television (2013) and Provocauteurs and Provocations: Screening Sex in 21st Century Media (2021), both published by Indiana University Press, and edited the collection After “Happily Ever After”: Romantic Comedy in the Post-Romantic Age (Wayne State University Press, 2021). Her Queer Film Classics volume on Desiree Akhavan’s Appropriate Behavior (2014) is forthcoming in fall 2022 from McGill-Queen’s University Press.
This talk regards Jane Campion’s exemplary approach to crafting sex scenes in ways that confront gendered dynamics of power and (visual) pleasure, focusing on the trio of films Campion chose to make in the wake of receiving global acclaim for The Piano (1993). Viewing The Portrait of a Lady (1996), Holy Smoke! (1999), and In the Cut (2003) as an unofficial trilogy, considered within the entwined contexts of pre-/post-9/11 gender anxiety and surveillance culture and of feminist genre revisionism, I explore how these works encapsulate Campion’s singular approach to screening sex.
Kommentar: Christian Quendler, Department of American Studies, University of Innsbruck
Moderation: Cornelia Klecker, Department of American Studies, University of Innsbruck
03.05.2022, 18:30, Ort: Hörsaal I, Theologie, Karl-Rahner-Platz 3, 6020 Innsbruck
Denise Bergold-Caldwell ist Bildungs- und Erziehungswissenschaftlerin und lehrt mit einem Schwerpunkt auf post- und dekoloniale Bildungsprozesse.CGI- Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
Die Kolonialität der Macht (Quijano 2002) zeigt sich auch und in besonderem Maße im Bezug auf Geschlecht (Lugones 2016). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nicht nur der vergeschlechtlichte und rassifizierte Körper durch diese Macht hervorgebracht wird, sondern auch der Ort und der Kontext wirken auf die Entfaltung dieser Macht. In Deutschland wurde die Verwicklung in den Kolonialismus lange nicht beachtet und Rassismus wird als strukturelles Problem geleugnet (vgl. Mecheril 2010). Diesen Verstrickungen in den Kolonialismus bis in die Gegenwart und der Unsichtbarmachung von kolonialen Kontinuitäten werden in dem Vortrag anhand vergeschlechtlichter und rassifizierter Subjektivierungsprozesse nachgegangen. Dazu analysiere ich die Erfahrungen von Mora – einer Schwarzen Frau – mit einem sexualisierten Übergriff in einer deutschen Kleinstadt und zeige, warum sich dieser als Reaktualisierung von kolonialem Begehren und kolonialer Herrschaft verstehen lässt. Es wird verdeutlicht, wie die Vergangenheit von Versklavung und Kolonialismus in einem Modus der sprachlichen Reaktualisierung erneut hervortritt und die ‚Vergangenheit‘ als Präsenz im Hier und Jetzt immer eine Rolle spielen kann.
Kommentar: Sushila Mesquita, Referat Genderforschung, Universität Wien
Moderation: Gundula Ludwig, CGI- Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
Ilse Hartmann-Tews, Professorin für Soziologie und Sportsoziologie an der Deutschen Sporthochschule Köln und dortige Leiterin des Instituts für Soziologie und Geschlechterforschung
Der Sport ist ein Sozialsystem, das angesichts seiner auf den Körper und die Steigerung körperlicher Leistungen ausgerichteten generalisierten Handlungsorientierung einen besonderen Resonanzboden für die soziale Konstruktion von Geschlecht darstellt. Die Handlungsorientierung prädisponiert die Aktualisierung traditioneller Geschlechterdifferenzierung, zumal die Körper und unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Sportler und Sportlerinnen quasi als eine visuelle Empirie der natürlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern erscheinen. Der Vortrag wird exemplarisch einige Prozesse und institutionelle Arrangements der Konstruktion von Geschlecht aufzeigen und darüber hinaus auf die Rolle der Sportberichterstattung eingehen, die ebenso an der Stabilisierung der heteronormativen Geschlechterordnung beteiligt ist.
Kommentar: Anika Frühauf, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck
Moderation: Linda Rausch, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck
Aufzeichnung vom 05. April 2022.
Hier geht’s zum Nachhören!
Eva Zedlacher, Faculty of Business and Management, Webster Vienna Private University
Anders als bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gibt es Phänomene von Missverhalten, die zumindest am ersten Blick wenig mit Geschlecht zu tun haben. In dieser Vorlesung zeigt Eva Zedlacher, ob und warum die Wahrnehmung vieler Verhaltensweisen bei der Arbeit wie zum Beispiel Anschreien oder sozialer Ausschluss ebenso vergeschlechtlicht sind. Vorläufige Ergebnisse eines visuellen Experiments, bei dem das Geschlecht der Schauspieler*nnen manipuliert wurde, werden präsentiert.
Kommentar: Heike Welte, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck
Moderation: Manfred Auer, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck
Aufzeichnung vom 11. Januar 2022.
Hier geht’s zum Nachhören!
Innsbrucker Gender Lectures zum Nachhören
Di, 03.12.2024, von 14 bis 16 Uhr
Innsbrucker Gender Lecture mit Queeres Chaos Kollektiv: „Wie viele Queers braucht es, um diesen Vortrag zu halten?“
Eine Sendung von Julia Tschuggnall
Sendung verpasst?
Alle Innsbrucker Gender Lectures gibt es nach Ausstrahlung zum Nachhören in der Radiothek und im Cultural Broadcasting Archive.
Info
CGI-Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
www.uibk.ac.at/geschlechterforschung
in Kooperation mit FREIRAD